Vom Small Talk zur Konversation

Stuttgarter Zeitung, 26. April 2003

Sympathie auf allen Ebenen
Die Kunst des Smalltalks

Mit Smalltalk beginnt jede Beziehung, auch die geschäftliche, sagt die Konstanzer Theaterwissenschaftlerin Dr. Annette Kessler (45). Im Gespräch mit Annette Zellner erläutert sie, wie wichtig aber auch kulturelles Grundwissen ist, um nicht sprachlos dazustehen.

Frau Kessler, Smalltalk soll mehr sein als nur oberflächliches Geplänkel?

Mit ihm beginnt jeder Kontakt, er ist die Grundlage für den Erfolg einer Geschäftsbeziehung. So ist etwa in technischen Berufen das Fachwissen zwar hoch, die emotionale Kompetenz oft nicht so entwickelt. Die Leute fühlen sich unwohl, wenn sie über Dinge reden müssen, die nichts mit ihrem Fach zu tun haben. Das ist schade, sie verlieren dann an Wirkung. Die Persönlichkeit ist jedoch auch bei Geschäftskontakten wichtig.

Was läuft beim Smalltalk ab?

Seine Bedeutung liegt auf der Beziehungsebene: Man erzeugt Vertrauen und Sympathie. Die Gesprächshaltung muss positiv sein. Auch wenn Führungskräfte und „einfache“ Angestellte miteinander sprechen, müssen sie sich menschlich auf der gleichen Ebene begegnen, also nicht von oben herab oder unterwürfig. Auf der Grundlage einer vertrauensvollen Atmosphäre kann dann später das Geschäftsgespräch ablaufen.

Dann ist egal, worüber man redet?

Nein, der Inhalt muss schon stimmen. Es gibt nämlich Tabuthemen: Man sollte nicht über Religion und Politik sprechen.

Genau das könnte interessant werden.

Man muss aber damit rechnen, dass der Gesprächspartner eine völlig andere Meinung vertritt. Dann liegt in dem Gespräch Zündstoff. Geeigneter sind Themen wie das eigene Hobby. Man kann auch mit dem Wetter und der Anreise anfangen. Man sollte dabei immer einen eigenen Standpunkt, eine emotionale Wertung einbringen. So etwas bleibt besser in Erinnerung. Man könnte sagen, dass einen das gleißende Licht draußen an die Berge erinnere, und dass man gerne in den Bergen sei, weil man Ski fahre. Die Kunst des Smalltalks ist nämlich, Assoziationsketten zu bilden. Die kulturellen Themen sind später beim mehrgängigen Menü dran. Dann braucht man aber ein Repertoire, aus dem man schöpfen kann.

Welches Wissen vermitteln Sie?

Wichtiges aus Literatur und Kunst. Ich gehe die Musikgeschichte im Galopp durch und erzähle z. B., dass Chopin einen Winter auf Mallorca war. Große Bildungslücken können Sie im Seminar kaum wettmachen. Ich möchte eine Art Gerüst für das Gespräch vermitteln. Außerdem kann man mit Grundwissen zumindest intelligente Fragen stellen.

Sind Frauen bessere Smalltalker?

Auf keinen Fall. Es hängt vom Charakter ab. Das Geheimnis des Erfolgs ist, den Standpunkt des anderen zu verstehen – das hat schon Henry Ford gesagt.

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